MDA Pro/HTC Universal

(08.09.2005 00:00 CET)

Kaum ein Gerät hat im Vorfeld für so viel Diskussionen und Gedankenspiele gesorgt wie der HTC Universal. Nun ist er in Deutschland als MDA Pro (ehemals angekündigt als MDA IV) verfügbar, und zumindest nominell hat er einiges an Premieren an Bord: So ist er der erste PDA mit UMTS, das erste verfügbare Gerät mit Windows Mobile 5.0 und der erste Pocket PC mit VGA-Display. Ob er sich auch in der Praxis bewährt, soll unser Test zeigen:

Mit ein wenig Glück konnte ich einen der ersten MDA Pro in einem T-Punkt in Düsseldorf ergattern ("Haben Sie den MDA Pro schon?" "Ja, klar!" "Dann hätte ich gerne einen." <verschwindet im Lager, kommt wieder raus und brüllt quer durch den Laden zu einem Kollegen> "Haben wir keine Pros mehr?!?!" 8-)). Zum Glück war ich schon vorgewarnt: Zumindest die erste Serie besitzt einen Netlock, im Auslieferzustand ist der MDA Pro nur mit einer beliebigen T-Mobile-Karte nutzbar, legt man beispielsweise eine vodafone-SIM ein, dann fragt er einen Entsperrcode ab. Dies hat zu massiven Verstimmungen geführt, sollte aber zumindest fair beleuchtet werden: Andere Netzbetreiber (beispielsweise Orange) liefern Smartphones und PPCPEs schon seit längerem mit einem SIM- bzw. NetLock aus. Gerade beim MDA Pro war angekündigt worden, er solle um die EUR 520,- bei gleichzeitigen Abschluss eines Relax 50 oder 100-Vertrages liegen. Nun liegt das Gerät bei EUR 420,- in der Konstellation, und das Freischalten soll EUR 99,50 kosten. Für alle, die sowieso im T-Mobile-Netz telefonieren, ein Gewinn, für alle anderen zumindest kein Verlust...

Größter Diskussionsfaktor im Vorfeld: Die Größe und das Gewicht. Mit knapp 300 Gramm ist der MDA Pro der größte der momentan verfügbaren Pocket PCs, und damit und durch seine Maße alles andere als Hemdtaschen-tauglich. Auch das lästerliche Argument der "Puderdose" ist nicht ganz von der Hand zu weisen: im zugeklappten Zustand kann man nicht erkennen, um was für ein Gerät es sich handelt. Hätte HTC als Hersteller ihm ein kleines Außendisplay spendiert, dann wäre dies der Bedienbarkeit und dem Design deutlich zuträglich gewesen. So kann man beispielsweise nicht erkennen, wer gerade anruft, bis man das Gerät aufklappt (oder jedem Anrufer einen eigenen Klingelton zugeordnet hat). Die seitlich liegenden Rufannahme- und Ende-Tasten sind allerdings gut bedienbar, und durch den Außenlautsprecher und das geschickt mittig angeordnete Mikrofon ist das Telefonieren an sich kein Problem.

Sei´s drum: Öffnet man das Gerät, dann präsentiert es oben im Querformat das hochauflösende VGA-Display (640*480) mit der Videokamera (für Videotelefonie) und den Lautsprecher, unten Tastatur. Diese ist im Vergleich zu allen anderen Tastaturen riesig, hat allerdings auch einen Nachteil: die Tastenreihen sind nicht wie bei einer normalen Tastatur versetzt angeordnet, sondern gerade untereinander. Wer sonst blind tippt, wird sich ob der darauf entstehenden Tippfehler oftmals korrigieren müssen. Nach kurzer Zeit allerdings relativiert sich dies (wie bei jeder "neuen" Tastatur), und das Tippgefühl ist in jedem Fall um Längen besser als beim MDAIII.

In die Tastatur integriert finden sich neben normalen Shortcuts und Funktionen unter anderem auch die Unterstützung einer der Neuerungen von Windows Mobile 5.0: die Softkeys, die jetzt wie bei den Smartphones in jeder Applikation sichtbar sind und sich kontextabhängig ändern. Diese lassen sich eben nicht nur über das Display drücken, sondern auch über zwei separate Tasten auf der Tastatur.

Am vorderen Rand befinden sich zwei kleine Lautsprecher, dazwischen die Taste für die Kamera, die Sprachfunktionen, der Infrarotsensor, die Beleuchtung und die Lautstärkeregelung.
Im aufgeklappten Zustand erinnert der MDA Pro tatsächlich an das in der Werbung beschriebene "Mini-Notebook", und von der Funktionalität hat er durch Windows Mobile 5.0 ein ganzes Stück in diese Richtung zugelegt:

Pocket Word und Pocket Excel sind jetzt Word Mobile und Excel Mobile, und die Namensänderung hat ihren Grund: Die meisten Einschränkungen im Hinblick auf Formatierungen, Grafiken, Tabellen, die beim Sync verloren gingen, sind behoben, somit können Word-Dokumente, die als Mailanhänge ankommen, direkt gelesen werden, inkl. Tabellen, Grafiken (wobei hier das Format entscheidend ist), etc. Ebenfalls neu in der Office Mobile-Reihe: Ein Powerpoint-Viewer. Zwar steht kein Ausgang zur Verfügung, mit dem die Präsentationen direkt auf einen Fernseher oder Beamer gehen können, aber zum Betrachten von PPTs als Vorbereitung auf einen Termin, etc., reicht es vollkommen. Und durch das scharfe 640*480 Display ist das durchaus sinnbringend.

In Kombination mit den Wireless-Sendern des MDA Pro wird eine weitere Eigenschaft von Windows Mobile 5.0 interessant: der nahtlose Handover/Takeover von Verbindungen über die verschiedenen Verbindungsarten. Ein einfaches Beispiel: Zuhause in Krefeld bin ich in meinem WLAN und starte dort einen Download. Ich gehe zum Auto, um nach Düsseldorf zu fahren, die WLAN-Verbindung ist irgendwann nicht mehr verfügbar und wird von einer GPRS-Verbindung abgelöst, ohne dass dies (mal abgesehen vom Datendurchsatz) auffällt. Kaum bin ich über den Rhein und in Reichweite der Düsseldorfer UMTS-Abdeckung, wird die Verbindung auf UMTS umgestellt, auch dies ohne Eingriff des Benutzers. Sobald ich das Büro betrete, wird dort wieder ein bekanntes WLAN gefunden, und die Verbindung stellt sich wieder um.

Einziger Wermutstropfen: wie immer brauchen die Wireless-Sender einen Moment, bis sie nach Einschalten des Gerätes "da" sind. Wird nun ein regelmäßiger Sync mit einem Server oder eine geplante Mailabfrage bei ausgeschaltetem Gerät durchgeführt, dann wird in dem Moment nach einer bestehenden WLAN-Verbindung gesucht, diese ist noch nicht etabliert, und eine Wählverbindung wird aufgebaut. Grundsätzlich wird man bei einem solchen Gerät kaum ohne einen Daten-Volumentarif arbeiten, und bei den geringen Datenmengen fällt auch der Geschwindigkeitsunterschied zwischen WLAN und GPRS/UMTS kaum ins Gewicht, aber nichts desto Trotz ist dies nicht optimal.

Eine weitere Besonderheit, die der MDA Pro durch Windows Mobile 5.0 hat, ist die Speicheraufteilung. Die 64MB RAM und 128MB ROM entsprechen dem, was unter anderem der iPAQ hx4700 als Speicher hatte, nur werden diese jetzt anders genutzt. Der "Persistent Storage", also die Nichtflüchtigkeit des Speichers, hat einen immensen Vorteil: Auch wenn der Akku einmal komplett leer ist, gehen keine Daten (außer ggf. die der laufenden Programme) verloren, da Programme, Systemdaten, etc. alle im ROM liegen. Der RAM wird nur noch als "Laufzeitspeicher" verwendet, wenn Programme aktiv sind. Dies bringt aber mit sich, dass der verfügbare Speicher kleiner ist: insgesamt 91,65 MB Speicher stehen dem Benutzer nominell zur Verfügung, fast gleich aufgeteilt in Datenspeicher und Programmspeicher, und davon ist schon einiges vorbelegt. Den Schieberegler voriger Windows Mobile-Versionen, der dieses Verhältnis zumindest kurzzeitig manuell einstellen lies, ist nicht mehr vorhanden. Das führt dazu, dass der Speicher relativ schnell voll wird und Programminstallationen auf eine Speicherkarte fast unabdingbar sind. Vorteil allerdings: Speicherhungrige Programme wie der Mobile Navigator laufen auch, wenn der Datenspeicher extrem niedrig ist, früher brachen diese oft mit einer entsprechenden Fehlermeldung ab.


Von der ersten Akkuladung des 1620 mAh starken Li-ION Polymer-Akkus sollte man sich nicht abschrecken lassen: Trotz langer, voller Ladung war er nach ca. 11 Stunden erschöpft. Nach drei Ladezyklen allerdings kommt der MDA Pro bei mir mittlerweile auf gute 20-24 Stunden Bereitschaft, mit dauerhaft bestehender GPRS/UMTS-Verbindung, Sync alle 10 Minuten OTA, Telefonieren, Termine und Kontakte nutzen und Surfen im Internet. Man darf diesen Wert nicht mit einem normalen Mobiltelefon vergleichen, aber für ein Pocket PC Phone Edition-Gerät ist das über dem Durchschnitt. Und faktisch hat man am Ende des Tages meist die Möglichkeit, den Akku zu laden, für die Praxisanwendung in den meisten Fällen also auch ausreichend.

Was den MDA Pro neben den inneren Werten zu einem Hingucker macht, ist das drehbare Display. Nicht nur, dass es von der Qualität im Vergleich zu anderen VGA-PDAs mit einer Auflösung von 640*480 hervorsticht (Ausnahme ist der iPAQ hx4700, an den es nicht heranreicht), es ist so montiert, dass man aus einem Mini-Notebook einen normalen PDA machen kann, indem es in aufgeklapptem Zustand um 180 Grad gedreht und somit mit dem Display nach oben wieder auf die Tastatur geklappt werden kann, was dem Gerät dann das aussehen eines "normalen" PDAs verleiht.
So schön das ist, ein wenig Sorge, dass diese Mechanik potentiell von Verschleiß betroffen sein könnte, macht sich schon breit. Und effektiv kann nur dazu geraten werden, das Display langsam und nicht mit Gewalt zu drehen: Nur in eine Richtung gibt es nach!

Die Kontaktmöglichkeiten nach außen in Form der Wireless-Sender sind (fast) ohne Fehl und Tadel: Der Telefonteil funkt TriBand, ist also in den deutschen Netzen und ausgesuchten in den USA verwendbar, GPRS/UMTS-Verbindungen lassen sich mit wenig Aufwand einrichten, mit Bluetooth und WLAN sind auch die beiden für "restliche Kommunikation" gebräuchlichen Verbindungen an Bord. Bei einem so innovativen Gerät wie dem MDA Pro hätte man sich grundsätzlich sicherlich gewünscht, endlich mal ein 802.11g-Modul zu finden, zumal die entsprechenden Chips mittlerweile verfügbar sind, aber auch mit seinem 802.11b-WLAN-Modul ist der Betrieb im WLAN zufriedenstellend.
Bei Bluetooth ist die Kritik schon ein wenig harscher, auch wenn dies weniger an Hardware, OS oder ROM-Version liegt: Windows Mobile 5.0 hat einen neuen Microsoft Bluetooth-Stack, der im Vergleich zu den Vorgängerversionen u.a. durch die Zuweisung fester COM-Ports für gekoppelte Geräte überarbeitet wurde. Das funktioniert bei einfachen Anwendungen sehr gut, bei manchen Navigationssystemen (beispielsweise TomTom 5) tauchen diese hinzugefügten Ports aber nicht zur Auswahl auf. Einige Benutzer berichten, dass es mit dem 5.1-Update funktionieren soll, leider ließen sich die Installationen auf zwei Rechnern bei mir nicht starten (was ich auf ActiveSync 4.0 schiebe, denn vorher ging es). Der Mobile Navigator 5 ließ sich ebenfalls nicht komplett installieren, über Tricks läuft dieser allerdings einwandfrei. Hier sind sicherlich einfach noch Anpassungen auf Windows Mobile 5.0 nötig, wie es immer bei einem Systemwechsel der Fall ist.

Preis:

 ab EUR 419,- inkl. Abschluß eines Kartenvertrages

Fazit:

Fraglos der innovativste PDA, der momentan auf dem Markt ist. Das System läuft stabil, viele Neuerungen von Windows Mobile 5.0 schaffen ein Plus an Bedienbarkeit und Funktionalität, und alles in allem ist der MDA Pro ein rundes Gerät, dass auch in der täglichen Anwendung zu begeistern weiß. Ob man bereit ist, dafür seine Größe und das Gewicht zu akzeptieren, ist wiederum eine Frage, die nur der potentielle Anwender selber klären kann. Für mich persönlich ist der MDA Pro fürs erste ständiger Begleiter... und die ausgeleierten Hemdtaschen nehme ich gerne in Kauf... ;-)

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